Von der Heilung des Embryo

Traumata und Heilung des Embryo

In einer inneren Reise komme ich tief mit meinem Embryo in Kontakt. Ich sehe ihn in der Gebärmutter schwimmen, vom Fruchtwasser getragen und in heilendes Licht gehüllt. Seine Nabelschnur reicht tief in den Schoß der Erde, wird von dort genährt. Ich spüre die transformative Kraft dieser inneren Bilder in jeder Zelle. Und das heilsame Gefühl berührt mich tief, denn meine Realität war eine andere.

Jeder von uns verbringt als Embryo bzw Fötus neun Monate im Mutterleib, im optimalen Fall in ungestörter Ruhe, totaler Sicherheit und gut versorgt, in Wärme und Frieden. Gewiegt und begleitet vom sanften Strömen des Fruchtwassers, öffnen und schließen sich unsere Zellen ganz selbstverständlich in ihrer ureigenen Pulsation.

Zellerinnerung wird geprägt

In dieser Phase, in der wir uns aus der Verschmelzung von Ei und Samenzelle entwickeln, in der sich jede unserer Zellen neu bildet, schreibt sich in uns auch diese Grunderfahrung von absoluter Stille und Zufriedenheit ein, einem Zustand paradiesischen Seins.

Die Zeit im Mutterleib legt den Grundstein für unsere Resilienz, unsere Fähigkeit, mit Belastungen umzugehen. Die Erinnerung an das geborgene und bedingungslose Getragen und Gehalten sein in der Gebärmutter wirkt wie ein Schutzfeld, kann spätere schwierige Erfahrungen abfedern.

Läuft aber etwas in diesen neun Monaten schief, war diese Zeit herausfordernd, riskant oder gar dramatisch, prägt uns auch das, steckt auch diese Information in jeder Zelle.

Das macht viel mit unserer Art, in der Welt zu sein. Sie wahrzunehmen. Uns abzugrenzen. Uns hinzugeben. Auf Schwierigkeiten zu reagieren. Innere Ressourcen zu aktivieren.

Negative Einflüsse in Schwangerschaft und Geburt

Viele Faktoren können eine Schwangerschaft und Geburt negativ beeinflussen: Chronischer Stress oder Krankheit der Mutter, Konflikte zwischen Eltern, Schwere Medikamente, Drogen- oder Alkoholkonsum. Blutungen oder Abtreibungsversuche. Unfälle, Schocks oder medizinische Eingriffe. Föten, deren Nahrungsaufnahme über die Nabelschnur nicht klappt oder die einen Zwilling verlieren. Noch nicht Geborene, die mit der Nabelschnur um den Hals gegen das Ersticken kämpfen, die im Geburtskanal steckenbleiben oder stundenlang Presswehen spüren, durch Sauerstoffmangel oder Medikamente beeinträchtigt sind. Frühchen, die sich statt an der Mutterbrust im Brutkasten wiederfinden. Geburt war früher lebensbedrohlich und ist auch heute noch, trotz moderner Medizin, kein ‚Kinderspiel‘.

In meinem Fall war es ein vorgeburtlicher Gehirnschlag, wahrscheinlich im Laufe meiner Geburt mit der Saugglocke, von dem ich als junge Erwachsene durch ein MRT erfahren habe. Saugglocken- und Zangen-Geburten erhöhen das Risiko für Gehirnblutungen und Tumore. Für mich war diese Zufalls-Diagnose, die im Außen nichts veränderte, überwältigend. Plötzlich machte vieles Sinn, wofür ich bisher keine Erklärung hatte. Kindliche Lerndefizite und Ängste, meine Rechts-Links-Schwäche, der chronische Stress, das alles hatte nun einen real existenten Auslöser. Mehr über meine persönlichen Geburtserfahrungen liest du unter ‚Ungehörte Geschichten‚.

Unsichtbare Bedrohung

Das besondere an vorgeburtlichen und geburtlichen Traumatisierungen ist, dass sie meist unerkannt und ungesehen bleiben. Obwohl sie unsere Wahrnehmung so stark prägen, werden sie selbst nicht wahrgenommen. Sie wirken im Hintergrund, unbewusst. Als Betroffener spürt man, dass etwas fehlt oder belastet, ohne dafür eine Erklärung zu haben. Die Suche gestaltet sich mühsam, denn der Erwachsene weiß ja nicht, nach welcher Erfahrung er sucht.

Ich erlebte also massiven Stress in der Gebärmutter. Wer so wie ich schon am Anfang des Lebens gegen das Ende kämpft, der trägt die Information in seinen Zellen: Leben ist gefährlich. Dieser Stress hatte sich tief in meine Zellen geschrieben, wurde in vielen Situationen in meinem Leben wieder aktiviert. Wie Stress auf das Nervensystem wirkt und warum frühe Belastungen so gravierend sind, habe ich schon im Blog ‚Chronischer Stress und frühe Kindheit‘ beschrieben. Jedes Trauma stört die Fähigkeit zur Selbstregulation, doch wenn die Ur-Erfahrung bereits gestört ist, wo soll man dann andocken?

Das embryonale Paradies nachnähren

Doch es ist möglich, die eigene, tief in unseren Zellen gespeicherte Geschichte zu verändern, auch die nicht sichtbare. Über die Körperarbeit konnte ich meinen Embryo erreichen. Ich konnte meinen Zellen Schritt für Schritt die Informationen geben, sich wieder zu entspannen. Auch den paradiesischen embryonalen Zustand kann man nachnähren und den eigenen Zellen neu lernen, wie sich das ziellose und vertrauensvolle Wiegen im Fruchtwasser anspürt, das Gehalten und Getragen sein in der Gebärmutter, die Hingabe an den Moment, das lösende Pulsieren.

Ich liebe es, Veränderung so tief in meinen Zellen zu spüren. Ich bin glücklich und dankbar, diese Veränderung immer wieder neu zu erleben, und es berührt mich zutiefst, solche Prozesse anderer Menschen zu begleiten. Genau deshalb habe ich das zum Motto meiner Arbeit gemacht: ‚Leben.Spüren. – Lebendig.Sein.‘

Das Wissen um vor- und frühgeburtliche Traumatisierung beginnt heute langsam zu greifen. Osteopathie, Craniosacrale und andere Techniken unterstützen Babys, schwierige Geburten gut zu verarbeiten und damit verbundene Belastungen erst gar nicht entstehen zu lassen. Und auch als Erwachsene dürfen und können wir alte Muster transformieren und unser Leben immer wieder neu gestalten.

In der bewussten Beschäftigung damit entdecken wir unserer Resilienz neu. Ein Embryo, der sich gegen so viel Widrigkeiten durchsetzt, der überlebt hat, will und kann wirklich leben! Dieser starke Lebenswille und alle damit verbundenen Fähigkeiten sind ein besonderes Geschenk, das unserem Leben außergewöhnliche Erfahrungen und ungeahnten Zauber verleihen kann. Die Verbindung mit unserem Embryo entfaltet unsere Lebendigkeit aus seiner tiefsten Quelle.

Und jedem Anfang
wohnt ein Zauber inne,

der uns beschützt
und der uns hilft zu leben.

aus: Stufen, von Hermann Hesse

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