Hast du zum Start in den Herbst den Impuls, etwas in deinem Alltag, deinem Leben zu verändern? Das können Verhaltensänderungen sein, die klassischen Vorsätze betreff Ordnung, Zeitmanagement, Ernährung, Sport, Rauchen. Oder es geht darum, ganz grundsätzliche Lebensbereiche neu zu ordnen, den Beruf oder Wohnort zu wechseln, einen Lebenspartner zu finden, einen geliebten Menschen zu verabschieden oder gesund zu werden. Manchmal liegt der Wunsch nach Veränderung im Innen, um tiefer liegende Muster, die uns schon lange belasten, endlich aufzulösen: Ohnmacht, Trägheit, Eifersucht, Konflikte, Prokrastination, Ängste, Grenzen, chronischer Stress.
Egal wie groß oder klein die gewünschte Veränderung ist, ich habe die Erfahrung gemacht, dass gewisse Verhaltensweisen Veränderung begünstigen und unterstützen, und andere nicht. Weil mich das selbst immer wieder beschäftigt, habe ich sie hier einmal aus einer körperorientierten Sicht zusammengetragen. Manche davon wirst du schon oft gehört haben, aber vielleicht nicht aus dieser Perspektive. Alle kannst du täglich üben, um deinen ‚Veränderungs-Muskel‘ zu stärken.
Mit Achtsamkeit spüren, wie Veränderung entsteht
Unser Gehirn ist darauf programmiert, unser Leben zu vereinfachen und Routinen zu schaffen. Was wir ständig wiederholen, wird automatisiert und braucht keine Aufmerksamkeit mehr. Essen, Zähneputzen, Gehen, Autofahren, Tippen, Aufräumen, die Liste automatisierter Tätigkeiten ist lang. Sie schützen vor Überforderung und Stress. Zugleich führt es dazu, dass wir immer weniger bewusst sind, uns körperlich weniger spüren, einen Großteil des Tages im ‚Funktionsmodus‚ verbringen.
Achtsamkeit bedeutet, den Augenblick bewusst wahrnehmen. Ich spüre die Körperempfindungen, Gedanken, Gefühle und alle anderen Wahrnehmungen, die ich jetzt gerade erlebe, bewusst und nehme sie an. Wer etwas verändern will, braucht Fokus und Bewusstsein. Wenn du deine Achtsamkeit und Körperwahrnehmung schulst, Routinen bewusst durchbrichst, langsamer wirst, achtsamer wahrnimmst, wird es leichter, zu merken, wann du in alte Muster fällst, und welche Veränderung es braucht.
Ich nehme wahr, wenn ich schon wieder zu Schokolade oder Zigarette greife. Ich genieße Essen bewusst mit allen Sinnen. Ich spüre, wann mein Körper satt ist, müde, oder Bewegung möchte. Ich nehme wahr, mit welchem Tonfall ich spreche, was meine Worte beim Gegenüber auslösen, ob ich Nähe oder Distanz brauche. Ich fühle, welches Tempo mir guttut, was ich vermeide, wohin es mich zieht, was mir Energie kostet oder gibt.
Lege öfter am Tag Achtsamkeits- und Spür-Stopps ein. Nimm‘ bewusst den nächsten Atemzug wahr, mit den Händen auf Brust und Bauch, um die Atembewegung zu spüren. Lass deine Aufmerksamkeit zu den Fußsohlen wandern. Entspanne dich in den jetzigen Moment. Studien belegen, dass Achtsamkeitspraktiken Stress mindern, Aufmerksamkeit und Körperwahrnehmung steigern, und helfen, Gefühle und Stimmungen besser zu regulieren. Je bewusster wir unsere Gefühle, Empfindungen und Verhalten wahrnehmen, desto eher können wir sie verändern.
Mit einer täglichen Praxis den Wandel üben
Die regelmäßige Praxis ist einer meiner Favoriten, gerade weil sie mir immer wieder und immer noch schwer fällt. Mich inspiriert Abwechslung, daher ist eine tägliche Praxis zu entwickeln eine echte Herausforderung. Wenn es mir jedoch gelingt, eine Zeit lang dranzubleiben, spüre ich sehr schnell, was sich dadurch verändert.
Eine tägliche Praxis ist wie ein Anker, der dich immer und immer wieder mit deiner Absicht verbindet. Es ist keine Routine-Pflicht-Übung, die es zu absolvieren gilt, sondern ein bewusstes und achtsam durchgeführtes Ritual mit klarem Beginn und Ende. Es ist ein Raum, den du täglich neu betrittst, um dich an die gewünschte Veränderung zu erinnern.
Deine Praxis kann ganz kurz sein. Das ist anfangs sogar besser, denn zu große Vorsätze scheitern oft an der Umsetzung. Nimm dir morgens 5 oder 10 Minuten bewusst Zeit, die du deiner gewünschten Veränderung widmest. Du möchtest dich mehr bewegen? Vielleicht sind es zwei einfache Übungen, oder du tanzt zu einem Lied. Aber mache es bewusst, spüre dich dabei, jede Bewegung, und wiederhole es täglich, vielleicht sogar zur selben Zeit. Du möchtest dein Essverhalten verändern? Nimm dein Frühstück in Achtsamkeit ein, schmecke, rieche und spüre es mit allen Sinnen, kaue jeden Bissen mit Bedacht.
Du möchtest die Konflikte mit dem Partner verändern? Nehmt euch gemeinsam abends 10 Minuten, in denen jede*r erzählt, wie es ihm geht, ohne unterbrochen zu werden, oder dem anderen eine Frage stellen kann und dann bewusst zuhört. Du willst Stress reduzieren? Beginne den Tag damit, fünf Minuten bewusst nichts zu tun, dich zu spüren, zu atmen. Als tägliche Praxis wird das deinen Alltag entschleunigen. Und sei liebevoll mit dir, wenn es dir nicht gleich gelingt. Bleibe dran!
Veränderung erscheint uns oft so überwältigend und groß das macht es schwierig zu beginnen. Es sind die kleinen, aber bewussten und regelmäßigen Momente, die deine Energie neu ausrichten, um langsam die gewünschte Veränderung ins Leben zu bringen.
Mit Ernährung den Willen zur Veränderung stärken
Essen gibt uns täglich notwendige Energie und stärkt unseren Willen, den es zur Veränderung braucht. Ist dein Verdauungsfeuer allerdings schwach, die Nahrung nicht passend für dich, zu viel oder nicht gut verdaulich, kann sie dir mehr Energie kosten als sie dir gibt. Schon alleine das kann deinen Veränderungswillen beeinflussen. Denn für Veränderung braucht es Antrieb, Motivation, Energie. Essen kann dich dabei unterstützen oder nicht, deinen Willen stärken oder schwächen.
Beginne damit, bewusster wahrzunehmen, welche Nahrung (dazu zählen auch Getränke, Suchtmittel, Nahrungsergänzung etc) dich belebt und welche eher müde macht. Beobachte und probiere aus, ob es an bestimmten Lebensmitteln liegt, an der Menge die du isst, der Geschwindigkeit. Allgemeine Ernährungsregeln helfen hier oft wenig, jeder Körper braucht etwas anderes. Den einen stärkt Vollkorn und Salat, einen anderen Gekochtes. Kaffee kann beleben, aber auch austrocknen und den Magen belasten. Geh also möglich ohne Vorbehalte daran und erlaube deinem Spürsinn, wahrzunehmen, was dich stärkt oder schwächt. Wenn du vieles nicht gut verträgst, kann es hilfreich sein, Nahrungsmittel-Intoleranzen auszutesten. Wenn du zu jenen gehört, denen es schwerfällt, ihr Essverhalten zu verändern, erinnere dich daran, auch hier mit kleinen, täglichen Ritualen zu beginnen.
Sich bewusst auf die Veränderung zubewegen
Körperliche Bewegung bewegt alle Ebenen. ‚Move your ass, and your mind will follow‚, heißt es nicht umsonst. Mit den körperlichen Muskeln trainieren wir auch den Willen. Zugleich hält Muskulatur oft den Widerstand gegen Veränderung. Bewegung stärkt und bringt zugleich alte Emotionen und Widerstände ins Fließen, die unsere Veränderung eventuell behindern. Emotion ist als Energie im Körper spürbar. Wenn wir sie sanft, aber bewusst, in Bewegung bringen, können sich gestaute Gefühle und alte Blockaden langsam lösen. Bewegung unterstützt enorm, Gefühle durchfließen zu lassen, sie nicht festzuhalten. Damit schmelzen auch die, meist unbewussten, Widerstände gegen Veränderung.
Bewegung baut auch Stress-Hormone wie Cortisol oder Adrenalin ab, lässt uns wieder entspannt im Körper landen und macht den Kopf klar für die nächsten Schritte. Denn bei Stress wird die Perspektive meist eng, wir haben weniger leicht Zugriff auf unser Potential, die Neuronen feuern eher in den gewohnten Bahnen.
Ein durch nicht abgebauten Dauerstress überlastetes Nervensystem tendiert dazu, intensive Gefühle abzukapseln, weil es sich nicht mehr gut regulieren kann. Je weniger man sich bewegt, desto mehr hält der Körper diese Gefühle und ihre alte Ladung unter Verschluss, man tendiert im Extremfall dazu, in eine Art Lähmung zu verfallen. Über diesen Traum-Freeze unseres Nervensystems kannst du unter Fluss und Widerstand nachlesen.
Ich sage jetzt bewusst nicht, treibe Sport, sondern ‚bewege dich‘. Finde deine Form, deinen Körper in Fluss zu bringen. Das können Spaziergänge in der Natur sein, Tanzformen, Yoga, regelmäßig vom Arbeitsplatz aufstehen und dich durchdehnen. Nicht jeder, der viel Sport treibt, ist gut in Fluss, auch trainierte Muskeln können viel Spannung halten. Aber eine gute Balance zwischen Ruhe und bewusster Bewegung hilft sehr, dich gut zu spüren, alle Ebenen des Körpers immer wieder ‚durchzuputzen‘, Gefühlszustände und Nervensystem zu harmonisieren, und der gewünschten Veränderung inneren Raum zu geben.
Dahinterliegende Veränderungs-Bedürfnisse und Sabotage-Muster erkennen
Hinter jeder Verhaltensweise, jedem Muster liegen Bedürfnisse, die unerfüllt sind. Nicht alle sind offensichtlich. Sie sind der Auslöser, warum wir etwas machen. Die Frage, welches Bedürfnis wir uns hier eigentlich erfüllen, wozu mir mein Verhalten, der jetzige Zustand, dient, ist Gold am Weg der Veränderung. Ich schiebe Dinge vor mich her, statt sie zu erledigen? Ich esse zu viel? Ich bleibe in einem Job, der mich nicht mehr erfüllt? Ich gerate immer wieder in die gleichen Konflikte? Ich habe immer etwas von meiner Situation, selbst wenn ich mich total als Opfer davon fühle. Die Frage nach meinen Bedürfnissen bringt mich in die Kraft. Wenn ich wahrnehme, worum es geht, kann ich neue Wege finden, mir Gutes zu tun, und nehme der alten Verhaltensweise ihre Macht.
Wenn ich prokrastiniere, weil ich Entspannung brauche und Stress vermeiden will, wie kann ich mehr Ruhe-Oasen in den Alltag einbauen? Wenn ich meinen Ex-Partner nicht loslasse, wie kann ich das, was ich am Zusammensein geschätzt habe, auch anders erleben, mir neue Beziehungsräume öffnen? Wenn ich mittags in der Kantine ungesundes Zeug esse, um zur Kollegenschaft dazuzugehören, wie kann ich den Kontakt noch pflegen? Für mich war Essen früher ein intensives Sinn- und Spürerlebnis. Das ist es immer noch, aber seit ich mich gesamt besser und intensiver spüre, mir andere Spür-Quellen geöffnet habe, esse ich weniger und bewusster. Erfüllte Bedürfnisse machen dich freier, eine für dich gute Wahl zu treffen.
Eine zweite Frage, die ebenso wesentlich ist, ist jene nach dem, was mich zurückhält. Neben den Bedürfnissen sind das oft limitierende Glaubenssätze, die mein Wachstum, meinen Veränderungswunsch behindern. Ich bin es nicht wert, ich kann das nicht, das ist nicht erlaubt, unmoralisch, nicht möglich, nicht akzeptiert. Solche Sätze haben uns oft schon sehr früh und unbewusst geprägt. Sie wirken tief auf den Körper und die Gefühle, und beschränken unsere Möglichkeiten. Der Blick darauf, welche Sätze mich hindern, kann sehr ernüchternd, aber auch befreiend sein. Es lenkt den Blick darauf, wo ich mich selbst limitiere und meine Veränderungswünsche sabotiere.
Nutze Sinnesfenster, Veränderung zu initiieren
Für mich ist, du hast es an den bisherigen Impulsen gemerkt, der Körper ein wichtiger Motor für Veränderung. Was du spürst, kannst du verändern. Aus neurobiologischer Sicht braucht unser Körper für die Veränderung von Gewohnheiten tatsächlich nicht nur eine klare Absicht (Gedanken), sondern auch positiv-motivierende Gefühle und körperliche Empfindungen. Der Weg dahin führt über unsere Sinne. Deswegen sind alle Anker echte Gamechanger, die sich deine Sinne zunutze machen.
Jeder von uns hat andere ‚Sinnesfenster‘ in die Welt. Über welche Sinne erlebst du am intensivsten und nachhaltigsten? Mache dir diese Sinne am Weg der Veränderung zunutze. Bist du ein Hör-Mensch, dann ist es vielleicht eine bestimmte Musik, ein Lied, das für deine gewünschte Veränderung steht, oder du stellst dir vor, wie es klingt, wenn du dein Ziel erreicht hast, oder du wählst motivierende Sätze, die du dir selbst sagst. Bist du eher der Bild-Mensch, der über visuelle Reize lernt, dann mache dir äußere Bilder und deine Vorstellungskraft zunutze. Stell dir vor, wie du dein Ziel erreichst, wie sieht es dann aus, wie siehst du aus? Male oder collagiere ein stärkendes Bild, dass dir als Anker dient, umgib dich mit Farben, die deinen Wunsch stärken und dich inspirieren. Schreibe dir wichtige Sätze auf und finde bildhafte Symbole dazu.
Sind Geschmack oder Geruch für dich prägend, verknüpfe dein Ziel mit einem dich stärkenden Nahrungsmittel, Gewürz oder ätherische Öl, dass du regelmäßig riechst oder schmeckst, vielleicht sogar im Rahmen deines täglichen Rituals. Lass dich dadurch immer wieder unbewusst an deine Veränderung erinnern. Ist dein Spürsinn wichtig, dann suche dir einen Anker, den du berühren kannst, eine Glasmurmel oder ein Stein, den du mit dir trägst und deine Absicht stärkst, ein Kleidungsstück, oder die Nähe eines bestimmten Menschen, der für dich diese Veränderung symbolisiert oder dich motiviert, den Weg zu gehen.
Für mich ist der Körper die Basis für nachhaltige Veränderung. Nutze deine achtsame und bewusste Wahrnehmung, das Spüren deiner Bedürfnisse und hinderlichen Muster, deine Sinne und Körperlichkeit, um deine Veränderungswünsche ins Leben zu bringen. Dann lebst du dein Ändern, weil du dir jeden Tag die Erlaubnis gibst, in deine Möglichkeiten hineinzuwachsen.
Auf Veränderung zu hoffen, ohne selbst etwas dafür zu tun, ist wie am Bahnhof zu stehen und auf ein Schiff zu warten.
Albert Einstein
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Danke liebe Claudia für deine Achtsamkeitsimpulse! Das sind wirklich schöne Anregungen! Herzlich Karin